Wilhelm Fleischmann, "Das Swartz'sche Aufrahmungsverfahren"
Bremen, 1878
Das Swartz'sche Aufrahmungsverfahren und dessen Bedeutung für die Magersennerei. Von Dr. Wilhelm Fleischmann
in Raden bei Lalendorf, Mecklenburg-Schwerin.Zweite umgearbeitete und vermehrte
Auflage.
Das Recht der Übersetzung in fremde Sprachen wird vorbehalten; Bremen. Verlag von M. Heinsius 1878.
1. D i e M i l c h w i r t s c h a f t kann sich nur dann gedeihlich entwickeln, wenn die Hausfrau ihr die erforderliche Sorgfalt widmet. Die Milchwirtschaft gehört zu ihren wichtigsten Aufgaben. Auf welche Weise auch die Milch verwertet und verarbeitet werden mag, so viel steht fest: eine jede Milchwirtschaft bringt nur bei der a l l e r g r ö ß t e n
R e i n l i c h k e i t etwas ein. In erster Linie müssen die G e r ä t e r e i n und s a u b e r gehalten werden. Darum sollten nur solche zur Verwendung kommen, deren Reinhaltung keine Mühe macht. Früher waren vielfach hölzerne Satten und Bütten und Seihen in Gebrauch. Die sind allerdings recht haltbar und ha ten auch die Milch recht kühl; aber ihre Reinigung bietet Schwierigkeiten. Die Milch dringt nämlich in die Poren des Holzes ein, bildet hier Säure, und diese übt einen nachteiligen Einfluß auf die Milch aus. Deshalb ist es besser, an Stelle der hölzernen gut verzinnte Eisenblechgeräte zu benutzen.
Ihre Butterfässer werden zweckmäßig aus Holz angefertigt. In diesen Gefäßen werden Milch und Rahm ha nicht aufbewahrt. Sie stehen nur kurze Zeit darin. Darum ist auch die Gefahr der Säuerung nicht so groß. Aber ge= reinigt müssen sie darum doch werden, und zwar aufs sorgfältigste, und wenn es eben angeht, sofort nach jeder Benutzung. Nicht weniger wichtig als die unmittelbare R e i n i g u n g ist das Austrocknen und die Durchlüftung der Milchgeschirre. Man bringt sie zu diesem Zweck bei trockenem Wetter nach ihrer Reinigung sofort an die Luft, – aber nur an einen solchen Ort. wo sie vor dem Eindringen von Staub und Schmutz gesichert sind.
Von großem Einfluß auf die Beschaffenheit der Milch ist auch der O r t, wo sie bis zu ihrer Verarbeitung zu Butter oder Käse aufbewahrt wird. Wo man Milch aufbewahrt, muß frische L u f t sein. Viele meinen, wenn die Milch nicht so lange stehe, bis sie dick und sauer geworden ist, sei noch nicht alles Fett in den Rahm übergegangen, und deshalb sei es gut, wenn sie s c h n e l l säuere.
Gerade umgekehrt ist es. Je länger die Mich süß bleibt, um so vollkommener rahmt sie aus, – und um so besser und haltbarer ist auch die Butter, die man daraus gewinnt. Man muß daher den Rahm von der Milch zu gewinnen suchen, solange sie noch süß ist. Nun bleibt die Milch um länger süß, je k ä l t e r sie ist. Warm, 38° warm, kommt sie aber aus dem Euter. Da kommt es also zunächst darauf an, sie abzukühlen. Das geschieht in Wirtschaften, die keinen besonderen Milchkühler haben, auf die einfachste Weise so, daß man die frischgemolkene Milch in einem Blecheimer in recht k a l t e s Wasser setzt, bevor sie in den Aufbewahrungsraum gebracht wird. Ihre Wärme soll dann nicht mehr als 12 – 15 ° betragen. Bei solcher Temperatur hält sich nämlich die Milch etwa 36 Stunden lang süß und ist dann vollständig ausgerahmt.
Zur Bereitung der Butter pflegt man gesäuerten Rahm zu verwenden. Um den Rahm anzusäuern, empfiehlt es sich, ihn im Winter 24 Stunden vor dem Buttern in einem Gefäß in einen geheizten Raum zu bringen und ihn oftmals umzurühren. Im Sommer genügt es in der Regel, wenn der Rahm nach dem letzten Abrahmen zwölf Stunden steht und öfter umgerührt wird. Ist der Aufbewahrungsort kühler, und kann man die Temperatur nicht regeln, so läßt man täglich frischgemolkene Milch schwach sauer werden und setzt diese dem Rahm zu. Hat der Rahm auf diese Weise die erforderliche Reife erlangt, dann ist vor allem dafür zu sorgen, daß er den Wärmegrad erhält, den er nötig hat
(14 bis 16 °C), damit das Buttern rasch und ungestört vonstatten geht. Im Winter muß der Wärmegrad des Rahms erhöht werden. Dazu reicht meist schon hin, daß er längere Zeit in der Nähe des heißen Ofens steht. Auch tut man wohl, das Butterfaß mit heißem Wasser auszu-spülen. Unter keinen Umständen darf heißes Wasser in den Rahm gegossen werden. Dadurch wird die Butter schmierig.
Als Aufrahmgefäße sind die niedrigen verzinnten Satten den hohen irdenen Satter oder gar den hohen engen Töpfen entschieden vorzuziehen, weil das Aufrahmen in ihnen vollkommener stattfindet. Vor dem Einfüllen in die Aufrahmgefäße muß die gemolkene Milch durch Siebe oder Seihtücher vom groben Schmutz gereinigt werden. Daß das Euter der Kühe möglichst sauber zu halten ist, ebenso daß die Melkerin sich die Hände vor dem Melken zu reinigen hat, ist eigentlich selbstverständlich, wird aber nur zu oft vergessen. Je unsauberer die Milch ist, um so schlechter werden Butter und Käse.
– In den größeren Wirtschaften und in Molkereien wird heute die süße Milch mit Hilfe von Zentrifugen oder Separatoren entrahmt, d. h. sie wird mit Hilfe der Schleuderkraft in den leichteren Rahm und die schwerere Magermilch zerlegt. Rahm und Magermilch bleiben dabei vollkommen frisch und süß.
2. D a s B u t t e r n geschieht in gar verschiedenen Maschinen. Man muß bei allen Butterfässern darauf sehen, daß sie siech auf bequeme Weise gründlich reinigen lassen; andernfalls kann niemals eine gute, haltbare But= ter damit gewonnen werden. In kleineren Wirtschaften sind die gewöhnlichen Stoßbutterfässer noch immer zu empfehlen, bei größeren Rahmmengen wählt man lieber Dreh- oder Rollfässer. Je einfacher und solider sie gebaut sind, um so besser ist es. Das Buttern ist beendigt, wenn siech die Butter in ganz kleinen Klümpchen aus der Buttermilch abgesondert hat. Gewöhnlich gehört eine Zeit von 30 – 40 Minuten dazu. In dieser Zeit sollte bei normaler Säuerung des Rahms, gut geregelter Temperatur und bei gleichmäßiger, nicht zu schneller Bewegung des Schlagwerks jede Rahmmenge, sei sie groß oder klein, ausgebuttert sein.
Von großem Einfluß auf die Beschaffenheit der Butter ist auch ihre Behandlung nach der Ausbutterung. Mittels eines Siebes schöpft man die Butterklümpchen aus dem Butterfaß, spült sie mit reinem Wasser schnell ab und knetet sie.
Das Kneten darf nicht zu lange währen, damit die Butter nicht schmierig wird.
Man knetet zweckmäßig trocken, also nicht unter Wasser. Durch trockenes Kneten werden Buttermilchteile, Wasser, Luft und andere Stoffe, die nicht in die Butter gehören, daraus entfernt. Gut bearbeitete Butter hält sich lange. Werden dagegen Wasser und Käsestoff nicht aus der Butter entfernt, so wirkt dieser als Gärungsmittel, – und die Butter wird ranzig. Das Kneten darf nicht mit der Hand geschehen, das ist unappetitlich. Man verwendet einen besonderen B u t t e r k n e t e r oder einen größeren
h ö l z e r n e n L ö f f e l dazu. Kneten unter Wasser wird nur dann nötig, wenn der Rahm schon verdorben war. In Gegenden, wo das Salzen der Butter üblich ist, rechnet man auf jedes Kilogramm Butter 20 – 40 g Salz von mittlerer Körnelung. Die werden gleichmäßig eingeknetet. T a f e l b u t t e r salzt man schwächer als D a u e r b u t t e r.
Nach dem Salzen läßt man die Butter 4 – 6 Stunden in einem Raum mit reiner, kühler Luft stehen.
Dann wird sie zum z w e i t e n Male g e k n e t e t und ist nun fertig zum eigenen Verbrauch oder zum Verkauf.
Wer Butter für den Verkauf in der Stadt herstellt, muß auf äußerste Sauberkeit Bedacht nehmen. Er muß ihr auch ein hübsches Aussehen geben und darf sie nicht in unansehnlichen Klumpen auf den Markt bringen. Am besten preßt man sie zu ½=Pfund=Stückchen in Holzformen mit netter Verzierung und wickelt jedes einzelne Stück in reiner Butterpapier, aber nicht in unsaubere Blätter u. dgl.
3. D i e V e r w e r t u n g d e r M i l c h d u r c h K ä s e b e r e i t u n g fordert auch ein kurzes Wort.
Bei der Butterbereitung wird nur e i n Hauptbestandteil der Mich, das F e t t nämlich, abgeschieden. Der andere wertvolle Bestandteil dagegen, der K ä s e s t o f f, bleibt in der Magermilch zurück. Dieser kommt mit dem Rest Fett darin bei der K ä s e b e r e i t u n g zur Verwendung. Der wichtigste Proßeß der Käsebereitung ist eben die A u s s c h e i d u n g d e s K ä s e s t o f f s a u s d e r M i l c h.
Sie wird entweder durch die in der Milch entstandene Milchsäure bewirkt oder aber durch das sogenannte L a b. Danach unterscheidet man auch S a u e r m i l c h k ä s e und S ü ß m i l c h oder L a b k ä s e;
Ffür kleine, bäuerliche Haushaltungen kommt meist nur der S a u e r m i l c h k ä s e oder der H a n d k ä s e, wie er gewöhnlich genannt wird, in Betracht. Zur Bereitung des Handkäses kann man gesäuerte g a n z e Milch verwenden, meist aber wird s a u r e M a g e r m i l c h dazu benutzt.
Die zur Käsebereitung bestimmte saure Milch wird erwärmt, dadurch scheidet sich der Käsestoff oder Quark, wie in die Leute nennen, von der Molke.
Der Quark wird in reine, leinene Beutel oder Leintücher gefüllt, damit die Molke abläuft. Besser ist es noch, die ganze Masse unter einer einfachen Presse auszupressen. Nach dem Pressen wird die Masse so lange durchgeknetet, bis sie einen völlig gleichmäßigen, zarten Brei bildet, aus dem dann mit den Händen flachkugelige oder zwiebelförmige Käschen von etwa 100 g Gewicht geformt werden. Während des Knetens wird auch das nötige Salz, 3 – 5 %, und je nach Belieben auch Kümmel, zugesetzt und durch das Kneten recht gleichmäßig in der Käsemasse verteilt. Die geformten Käschen läßt man auf Brettern oder Stroh an einem luftigen Ort langsam t r o c k n e n. Aber gegen Fliegen müssen sie geschützt sein. Die richtige Trockenheit haben sie, wenn sie keine Fingereindrücke mehr erleiden, mit dem Messer aber noch leicht geschnitten werden können. Die getrockneten Käse fangen bald zu gären und zu reifen an. Haben sie sich etwa mit Schimmel bedeckt, so werden sie mit lauwarmem Wasser, Salzwasser oder Molke, manchmal auch mit Wein usw. abgewaschen und in Töpfe gebracht, aber so, daß die harten nach unten, die weichen nach oben kommen. Das Abwaschen muß wiederholt werden, so oft die Käschen geschimmelt oder außen zu breiig geworden sind. Nach 2 – 3 Monaten sind sie durch und durch gelblich und speckig geworden und dann am schmackhaftesten. Sie können aber auch schon früher genossen werden.
Prof. Dr. A. Helmkampf, Dr. Th. Krausbauer und Prof. Dr. H. Gehrig
Roland Barthélemy, Leiter der Küsebruderschaft "Guilde des Fromagers" in Paris"
(Aus: Johannes Münnich, Küsepapst, Göttingen 2005, S. 13)
Johannes Münnich und André Ducoup tragen die Kleidung und das Ordensband mit dem Siegel
der Confrérie
Taste de Fromage de France
(Aus: Johannes Münnich, Küsepapst, Göttingen 2005, S. 21)
Das Siegel Caseus Montanus
(Aus: Johannes Münnich, Küsepapst, Göttingen 2005, S. 28)