Im Briefmarken-Album, dessen bunte Bilder kleine Dokumente der Kulturgeschichte des Menschen sind, sind Bilder,
aus denen sich die Entwicklung der Menschheit gerade so gut zusammenstellen lässt wie das Leben des Einzelnen, treffen wir selbstverständlich auch die Milch an, dieses erste Nahrungsmittel des Menschen und älteste der Menschheit.
Aber merkwürdigerweise sind Darstellungen, die mit der Milch zusammenhängen, doch nur sehr spärlich vertreten.
Beginnen wir mit der M u t t e r m i l c h. Es gibt eine ganze Reihe von Briefmarken, auf denen wir die junge Mutter
und ihr kleines Kind erblicken, vor allem Wohltätigkeits-Marken. Aber, soweit es sich bei der Kleinheit und häufig auch Undeutlichkeit der Bilder erkennen lässt, ist keine Marke darunter, die eine s t i l l e n d e M u t t e r zeigt.
Wenn wir nun zur K u h m i l c h übergehen, als der bekanntesten und verbreitetsten Tiermilch, so müssen wir auch da feststellen, wie wenig der Mensch daran gedacht hat, dieser Lebensspenderin das ehrende „papierne Denkmal“ einer Briefmarke zu setzen! Es gibt Dutzende von Briefmarken,die das Rind zeigen: auf der Weide, vor dem Wagen, vor dem Pfluge, als Reittier, als Gottheit gar, aber n u r z w e i Marken kenne ich, auf denen die Kuh als Milchtier dargestellt wird. Die eine stammt vom (heute russischen) Ingermanland und zeigt eine Kuh, die gemolken wird. Die andere, von der Mongolenrepublik Touva, zeigt die langgehörnte und zottelige Steppenkuh, die gleichfalls gemolken wird.
Auf der erwähnten Ingermanland-Marke erblicken wir auch die großen, blechernen Milchkannen.
Hätten wir nicht um der Milch ihrer Kühe so berühmte Länder wie z.B. die Schweiz, die Niederlande oder Dänemark sie in Briefmarken verewigen sollen?
Auch von den Tieren, die in vielen Ländern die Kuh als Milchgeberin ersetzen (Ziege, Pferd, Kamel, Lama usw.) zeigt keine Marke das Muttertier.
Dagegen greifen zwei Briefmarkendarstellungen in die Sage und zeigen uns ungezähmte Tiere, die kleine Menschenkinder an ihre prallen Zitzen nahmen: Eine italienische Marke gibt die r ö m i s c h e W ö l f i n wieder,
wie sie Romulus und Remus, die späteren Gründer der Stadt Rom, säugt ( ein bekanntes Standbild, das geradezu zum Wahrzeichen der Latinität geworden ist). Und auf einer Marke von Kreta finden wir gleichfalls ein ein Menschenkind säugendes Tier des Waldes; es handelt sich hier wohl ein Gegenstück zur deutschen
G e n o v e v a -Sage.
Und das ist alles, wenn nicht etwa, was mich freuen würde, der eine oder der andere unter den Lesern
der „Molkerei-Zeitung“ in seinem eigenen Briefmarken-Album, das er nun „mit neuen Augen“ beschaut,
noch weitere „Milch-Briefmarken“ findet.
Für freundliche Mitteilung würde ich ihm dankbar sein!
Erläüterungen zu den abgebildeten Marken:
- An der Mutter Brust (Österreich, 24 Groschen)
- Milchkuh, Melkschemel, Milchkannen (Ingermanland = Pohjois Inkeri / Gebiet bei Petrograd/Leningrad/
St. Petersburg; Wert 80 Kopeken) - Die Steppenkuh ,vermutlich ein Yak mit Melkerin (Mongolenrepublik Touva, 5 Kopeken)
- Die Wölfin als Amme von Menschenkindern (Italien, 5 Cent)
- Ein Hirsch oder eine Ziege als Amme eines Menschenkindes (Kreta, 20 Lerta)